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Teegeschichte 12

Diese Teegeschichte ist in einer gekürzten Variante bereits im Büchlein "Tee: Geschichten" erschienen

Man kann die Menschen Westeuropas in drei Kategorien einteilen: jene, die mit Tee nichts am Hut haben (wie die Bekannte, die vor Jahren ernsthaft fragte, ob der „Ostfriesentee“ in Ostfriesland wachse); jene, die ein Leben lang über das achtlose Schwenken von Teebeuteln in aufgebrühtem Wasser nicht hinaus kommen; und schliesslich jene, die sich vom Tee auf ihrem Lebensweg begleiten lassen. Zur dritten Gruppe gehöre ich. Zwar wurde ich nicht gerade mit Tee statt mit Muttermilch gross gezogen, doch gehörte das Teetrinken „seit je“ zum elterlichen Alltagsritual, gut niederländisch mit Milch und viel Zucker. Kein Wunder, mein Vater hatte schon als junger Mitarbeiter einer Importfirma in Amsterdam seine Nase in manche Tee-Lieferung gesteckt, um die Qualität zu riechen. Und sein Vater wiederum hatte auf den Plantagen in Indonesien (bis nach dem Zweiten Weltkrieg noch „Niederländisch-Indien“) neben Kautschuk und Tabak auch Tee angepflanzt. Mit dem Umzug in die Schweiz in den 1960er-Jahren gerieten meine Eltern allerdings in ein Tee-Entwicklungsland. Was man in der Schweiz damals trank war Kaffee (die Erwachsenen auf dem Lande mit viel Schnaps, die Kinder mit warmer Milch direkt von der Kuh). Tee hingegen war etwas für Kranke. Die beste Qualität davon gab es in der Migros - aber vielleicht war die Auswahl ja nicht sonderlich gross. Offenen Tee bekam man wohl erst in einigen „Kolonialwarengeschäften“ in den grossen Städten. Für den Rest der Schweizer Bevölkerung muss der Tee wohl irgendwie am Teebeutel-Baum gewachsen sein.

In den 1980er-Jahren stiess ich zufällig auf einen Versandhändler, der tatsächlich auch noch etwas anderes anbot, nämlich offenen Darjeeling aus den Tee-Gärten Nordindiens, dies in einer Verpackung mit fernwehanstimulierender Abbildung auf dem Etikett: herbstliche Laubbäume vor schneebedeckten Himalayagipfeln (passend zum „First Flush“…). Das war für mich der Anfang einer seriöseren Beschäftigung mit diesem Kulturgut. Auf den Grüntee kam ich Jahre später durch den Kauf von verschiedenen Tees anlässlich einer Japanreise. Da ich weder japanisch lesen noch reden konnte, war das ein reiner Experimentalkauf. Was ich dann aber roch und schmeckte, war nun wirklich noch einmal etwas ganz anderes! Und vor allem: dieser Tee weckte sanft und andauernd die Energie und schärfte den Verstand. Mit einer Tasse Yamato liess es sich auch am Nachmittag noch ein paar Stunden gut arbeiten. Je klarer der Tee, desto klarer die Sinne. Diese Erkenntnis führte mich zu Länggass-Tee, dessen Kultstatus mir zu Ohren gekommen war. Dort wurde ich zum treuen Käufer der immer selben Grüntees. Was die Sorten angeht, bin ich also konservativ, aber bitte nicht unbelehrbar. Mit ihren Verkostungen und neuerdings mit ihrer Tee-Schule gibt die Familie Lange ihr Wissen um den Tee grosszügig weiter. Es gibt also noch viel zu entdecken, der Weg ist noch lang. Darauf freue ich mich!

René Pahud de Mortanges
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