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Teegeschichte 29

Im Alter von zwanzig Jahren arbeitete ich einige Wochen in Kalkutta in einer Lepra-Station. In den Abteilungen der Station und in den umliegenden Slums sah ich himmelschreiendes Elend und kam hart an meine Grenzen. Was mich vor der Verzweiflung rettete, waren die Brüder und Schwestern der Organisation, die mir vormachten, wie man schwierigste Aufgaben mit Hingabe erfüllen und trotzdem seine eigene Würde behalten kann – und der Tee. Alle tranken Tee. Zum Frühstück, in jeder Pause, nach dem Essen, vor dem Zubettgehen. Keine Exklusivitäten, natürlich nicht, aber auch nie einen bitteren oder faden Aufguss. Jeder Tee wurde gebührend zubereitet, war ausgewogen und heiss; den zu Schlürfen war eine Wohltat.
Zurück in der Schweiz lernte ich andere Arten von Tees kennen und schätzen: weisser, gelber, grüner, brauner Tee, aus Taiwan, Japan oder China beispielsweise. Zum Glück gibt es den Länggasstee in Bern, dort gibt es eine unerhörte Auswahl in ausserordentlicher Qualität.
Tee hilft mir, wachsam zu bleiben, und bewahrt mich vor einer Verhärtung des Herzens. Würde ich auf eine Insel verbannt und dürfte nur drei Nutzpflanzen mitnehmen, ich würde einen Walnussbaum, einen Olivenbaum und einen Teestrauch wählen. Wobei mir die beiden ersteren nicht ganz so wichtig wären, wie der Teestrauch.



Gabriel Anwander
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